Am 25. Dezember feiern evangelische und katholische Christen die Geburt Jesu Christi. „Eigentlich“ muss man einschränkend nachschieben. Denn viele Kirchen verlegen mit ihren Gottesdiensten diesen Festtag schon einen Tag früher auf den 24. An diesem Tag wurde Christus der Tradition zufolge zwar nicht geboren, dennoch kommt der abendliche Termin offensichtlich dem Lebensgefühl vieler Menschen näher. Kerzen können entzündet werden und die Zeit zum festlichen Abendessen unter dem erleuchteten Tannenbaum ist dann auch nicht mehr fern. Doch wenn man von dieser Verschiebung einmal absieht, stellt sich ja grundsätzlich die Frage, warum Weihnachten überhaupt diesen festen Termin hat. Schließlich haben Ostern und alle darauffolgenden Feiertage kein fixiertes Datum. Wie kam es deshalb zu der Wahl des 25. Dezembers?
Immer hört und liest man wieder, dass die Festlegung des Weihnachtstermins ein strategischer Schachzug der Alten Kirche war. Die Darstellung lautet etwa so: Im 4. Jahrhundert fand im Römischen Reich am 25. Dezember allerorten eine Feier zu Ehren des Sonnengottes statt. Das wollte die Alte Kirche natürlich nicht leiden. Also beschloss sie, an eben diesen Tag ein anderes, alternatives Fest einzuführen, nämlich das Fest der Geburt Christi, der ja die wahre Sonne ist. Der deutsche Religionswissenschaftler Hermann Usener (1834-1905) trug diese These seinerzeit in die Öffentlichkeit, wo sie seitdem immer wieder gerne aufgegriffen wird. Besonders beliebt ist sie bei Kritikern des Christentums. Denn schließlich können sie so untermauern, dass die kirchlichen Feste ein großer Mischmasch mehrerer Religionen sind. Und das bedeutet wiederum in ihren Augen, dass das ganze Christentum nicht ernst zu nehmen ist. Aber auch manche Christen beäugen die Feier der Geburt des Gottessohns argwöhnisch. Denn während sich das Osterfest ja immerhin noch in der Nähe des Passahfestes bewegt, lässt sich eine solche Verortung vom Weihnachtsfest scheinbar nicht behaupten.
Doch was heute immer noch gerne als letzter Schrei der Wissenschaft ausgegeben wird, ist von der historischen Forschung längst abgelegt worden. Zuletzt war es der evangelische Theologe Hans Förster (Wien), der nachwies, dass die wenigen Aussagen über ein frühes Sonnenfest im Römischen Reich nur sehr dünn sind. Förster zeigt vielmehr, dass die Alte Kirche im 4. Jahrhundert den Termin des Geburtsfestes mit guten Gründen auf den 25. legen konnte. Einmal, weil die zeitgleiche Sonnenwende die christliche Theologie klar zum Ausdruck brachte: Christus, das Licht der Welt, leuchtet in die Zeit hinein. Und sodann, weil damals gar kein reichsweites Fest zur Feier der unbesiegten Sonne (sol invictus) auf eben diesen Termin fiel. Der 25.12. passte einfach perfekt.
Zum Weiterlesen: Hans Förster, Die Anfänge von Weihnachten und Epiphanias. Eine Anfrage an die Entstehungshypothesen. Tübingen 2007 (Studien und Texte zu Antike und Christentum. 46.).